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Grußwort anlässlich der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Massakers in Hué (Vietnam) am 17. März 2018

Grußwort anlässlich der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Massakers in Hué (Vietnam) am 17. März 2018

Sehr geehrte Damen und Herren,

der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte einmal „Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“ Deshalb finde ich es sehr richtig und begrüße es, dass heute an das Massaker in Hué gedacht wird. Aus unserer deutschen Geschichte haben wir in der Bundesrepublik die Lehre gezogen, dass wir nicht vergessen dürfen. Nur wenn wir uns bewusst sind, wozu Menschen fähig sind und wie es zu Kriegsverbrechen kam, können wir für die Gegenwart und Zukunft lernen, wie wir verhindern können, dass solche Dinge wieder passieren oder – dort wo wir sie leider nicht verhindern können – die Folgen mildern.

In der Folge des Massakers in Hué 1968 führten der Sieg des kommunistischen Nordvietnams 1975 und die folgenden Umerziehungslager dazu, dass Ende der 70er Jahr deutlich über eine Million Menschen vor dem kommunistischen Vietcong aufs offene Meer hinaus flohen. Eine Flucht aus der Heimat ist immer eine Entscheidung in einer Notlage. Die Notlage der Menschen in Vietnam bestand vor allem darin, dass unter dem kommunistischen Nachkriegsregime die Menschlichkeit verloren ging, auch Freiheit wurde zum Fremdwort. Es war schwer, seinen Nachbarn und Freunden zu vertrauen, weil auch sie zu Denunzianten werden konnten. Die Frage war deshalb nicht, warum die Menschen aus Vietnam geflohen sind, sondern warum sie in diesem Land, das sie so sehr liebten, nicht mehr leben konnten. Der Wunsch nach Freiheit, Frieden und Menschlichkeit trieb die Menschen dazu, sich auf diese gefährliche Reise zu machen, die viele nicht überlebten.

Und niemand wollte sie aufnehmen. Nach einer intensiven medialen Berichterstattung in Deutschland über das Elend der sogenannten „boat people“ und einer breiten Unterstützung der Gesellschaft hat die Bundesregierung Ende 1978 beschlossen, dass Deutschland als eines von mehreren Ländern etwa 40.000 südvietnamesische Flüchtlinge aufnimmt. Dabei haben viele Initiativen aus der Zivilgesellschaft, wie insbesondere das Engagement von Rupert Neudeck eine sehr große Rolle gespielt.
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Es war dann der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht, der aus christlicher Nächstenliebe die Weichen für eine Aufnahme von vietnamesischen Flüchtlingen in Deutschland gestellt hat.

Diese Aufnahme war der Auftakt der „humanitären Flüchtlingshilfe“ durch die Bundesrepublik Deutschland. Damit wurde ein wichtiger Schritt unternommen, humanitäre global ausgerichtete Hilfsaktionen als politische Strategie in der Innen- wie Außenpolitik zu integrieren. Die neue Kategorie der „humanitären Flüchtlinge“ wurde geschaffen.

Menschen, die aufgrund einer Krisensituation im Herkunftsland flüchteten, erhielten ohne individuelles Asylverfahren den Flüchtlingsstatus und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Die Integration von rund 40.000 Südvietnamesen war eine große Herausforderung für die Bundesrepublik. Die gleichmäßige Verteilung auf die Bundesländer, Hilfe bei der Wohnungssuche, soziale Beratung, Entwicklung von Integrationsprogrammen sowie Sprachlern- und Arbeitsvermittlungsangebote haben schließlich dazu beigetragen, dass diese Integration zu einer wahren Erfolgsgeschichte wurde. Vor allem aber ist das der Erfolg der Flüchtlinge aus Vietnam und ihren Kindern, die ihren Willen zur Teilhabe mit so viel Engagement gelebt haben.

Die Integration der vietnamesischen Flüchtlinge in Deutschland war deswegen so erfolgreich, weil die Aufnahmebereitschaft in der Gesellschaft so groß war und die Ausbildung ihrer Kinder für die meisten Angehörigen der vietnamesch-stämmigen Menschen überragende Bedeutung hat. Die Erfolge von vietnamesisch-stämmigen Kindern und Jugendlichen im Bildungsbereich sind wahrlich sehr beeindruckend: Weit mehr als die Hälfte aller vietnamesischen Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe besucht das Gymnasium.

Es freut mich sehr zu sehen, dass Integration und Teilhabe so wunderbar funktionieren können. Das macht Hoffnung für die großen Herausforderungen der Zukunft.

Ihr Günter Krings